CORD MEIJERING COMPOSER

"No man ever steps in the same river twice" (Heraclitus)

CORD MEIJERING
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DARMSTÄDTER LIEDERBUCH
for soprano, flute, guitar and marimba

composed in
2000/01 at the suggestion of Peter Benz, Mayor of Darmstadt

duration
approx. 20 min. 24 sec.

01. Die Wie Herz und Schmerz Ballade 1 min. 41 sec.
02. Wie für die Ewigkeit 1 min. 16 sec.
03. Immer eiliger 1 min. 17 sec.
04. Gedulde dich 1 min. 26 sec.
05. Als altes Weib ... 2 min 10 sec.
06. Letzte Worte einer Jungfrau vor der Guillotine der Nacht 1 min. 26 sec.
07. Verhöhnen das Lob und die Ehre 56 sec.
08. Wasserlandschaft 2 min. 35 sec.
09. Verrat 1 min. 55 sec.
10. Rechtfertigung 32 sec.
11. SEETANGo 1 min. 16 sec.
12. Ich schreibe die Birken ... 1 min. 28 sec.
13. De pronto veo 2 min. 26 sec.

dedicated to
the Ensemble L’art pour l’art

first performance
the work was presented for the first time on CD,
recorded on august 30, 2001, Bayerischer Rundfunk - Studio Franken
Meistersingerhalle Nürnberg, Germany
Ensemble L’art pour l’art
Norma Enns, soprano
Astrid Schmeling, flute
Ulf Mummert, guitar
Matthias Kaul, percussion

publisher
EDITION MEIJERING

program notes and poems
Anlässlich des Neujahrsempfangs des Darmstädter Oberbürgermeisters Peter Benz wurden am 10. 1. 1999 in der Darmstädter Orangerie meine im Auftrag der Stadt Darmstadt komponierten 3 Gesänge nach Gedichten von Elisabeth Langgässer vom PHORMINX-Ensemble uraufgeführt. Anschließend an die Uraufführung regte Peter Benz an, einen längeren Gesangszyklus nach Gedichten von Darmstädter Dichterinnen und Dichtern zu komponieren. Ich sagte dies gerne zu und begann zunächst damit, herauszufinden, welche Dichterinnen und Dichter in Darmstadt leben oder lebten oder die einen anderen Bezug zu dieser Stadt haben. Nach einer längeren Recherche stellte ich einen Zyklus von 13 Gedichten zusammen, den ich über den Jahreswechsel 2000-2001 komponierte. Im August 2001 produzierte der Bayerische Rundfunk in der Nürnberger Meistersingerhalle mit dem Hamburger Ensemble L'ART POUR L'ART das Werk für eine Doppel-CD der Ensembles L'ART POUR L'ART und PHORMINX , auf der ausschließlich Werke von Volker Blumenthaler und mir zu hören sein werden. Sie wird voraussichtlich im Sommer 2003 erscheinen.

1. Die Wie Herz und Schmerz Ballade
Das Wörtchen wie sucht ein Versteck
es rennt vor den Poeten weg.
Die können es nicht leiden
und wollen es vertreiben.
So klettert es auf einen Baum
und denkt:"Hier findet man mich kaum".
Doch dann entdeckt es ganz verwirrt:
Hier wohnen sie bereits zu viert.
Das Herz, der Schmerz, die Liebe
verbergen sich wie Diebe.
Ganz oben hockt verschämt das Glück,
das will nun auch nicht mehr zurück.
So fristen sie ihr tristes Leben
und hoffen sehr, dass die Poeten
bald nach neuen Moden dichten
sie nicht immer nur vernichten.
Sie wollen runter von den Bäumen
von Knabenmorgen-Blüten träumen.
(Barbara Zeizinger)

2. Wie für die Ewigkeit
erschienen bei Suhrkamp Verlag Frankfurt
(Kurt Drawert)

3. IMMER EILIGER
erschienen bei Radius Verlag Stuttgart
(Richard Exner)

4. Gedulde dich
Gedulde dich, du sehnsuchtsvoller Mund,
o haltet an euch, ausgestreckte Arme,
dass der Geliebte sich von selbst erbarme
und sich vertiefe meinem Liebesgrund.

Tauch, blauer Himmel, dich in diese Flut
Und tummelt euch, ihr mitternächtigen Fische,
dass sich das Stumme mit Lebendigem mische
und sich entschleiere in meinem Blut.
(Paula Ludwig)

5. Als altes Weib...
Als altes Weib
will ich dreihundertsechzig Ecken haben
und keinen toten Winkel mehr
und meinen Rasen
von viel Licht gebleicht
wird ich erinnernd dick ums Fleisch mir wickeln
und wenn die Glocken zahnlos läuten
ihr Enkel mit den Lungenflügeln
den gestutzten
sitz ich im Filz mit allen Attributen spielend
die immer noch verboten sind
(Gisela Stromberger)

6. LETZTE WORTE EINER JUNGFRAU VOR DER GUILLOTINE DER NACHT
erschienen bei Suhrkamp Verlag Frankfurt
(Silke Scheuermann)

7. Verhöhnen das Lob und die Ehre
Denkmäler
entlassen zur Flucht
treiben sie nächtlichen Hexenspuk
verhöhnen das Lob und die Ehre
vom Gestern
all die Reiter auf hohem Ross
die Löwen mit Speeren gespickt
Helden auf hehrem Sockel

Tanzen sie durch die Stadt
als seien sie wiedergeboren
in Lust

Wenn die Morgendämmerung webt
die Totenhemdchen
ziehn sie zurück auf die Sockel
und die Sonne bestrahlt ihr
steinernes Lächeln
ewig für uns zur Mahnung
(Renate Axt)

8. Wasserlandschaft
erschienen bei Suhrkamp Verlag Frankfurt
(Karl Krolow)

9. Verrat
Das Vergrabene wächst über die
Schwelle meines Zimmers, schwarz
Nicht wie Ebenholz.
Salz deckt den Tisch, das Bett, weiß
nicht wie Schnee.
Nackt schwimmt ein Wort im Raum
durch das hereinbrechende Licht,
rot wie Blut.
(Marie-Luise Trobitius)

10. Rechtfertigung
Es genügt:
Die Tür öffnen,
hereinlassen
Asphalt, Erde, Gras, Himmel;
Es genügt:
Schritt über die Schwelle
Zu Kieselstein, Rosenbeet,
Ringeltaube.
Es genügt:
Die Reichweite Auge, Geruchssinn
Gehör.
Der Schrei der Amsel
Übertrifft ohne Zögern
Das Läuten
Der Glocken und Uhrwerke.
(Fritz Deppert)

11. SEETANGo
Bei meinen Polypen!
Ich will durch’s Watt waten
Dahin wo Wale Wellen wallen
Will ins Meer tropfen
Und bei der Wasserscheide hinaustreiben
Bis meine Hose Wasserhose wird
Meine Arme Wasserarme
Mein Becken Wasserbecken
Meine Adern Wasseradern
Meine Zunge Seezunge
Und mein Kopf Wasserkopf
All mein Tun wird dann Neptun:
Ich setze die Schaumkrone auf
Und lege den Seegang ein
Überschwemme den Strand bis zum Rand
Und bin den Touristen recht seeungeheuer
(Alex Dreppec)

12. Ich schreibe die Birken...
Ich schreibe die Birken, das Haus
Und den Fluss, dieser Ort war mein.
Als Kind pflanzte ich hier
Meine Fliedergebüsche an.
Großmutter betete laut,
als Großvater mich lachend
aufs Pferd hob: Mein kleiner
blonder Tatar, rief er. –
Das Haus verbrannte, aber
Der Flieder blüht. Den Vorübergehenden.
(Heinz Winfried Sabais)

13. De pronto veo...

De pronto veo
como un gran pájaro negro
inicia
desde un pìcacho
de los acantilados
su vuelo majestuoso
en dirección al cielo,
retando
con el ritmo seguro de sus alas
el viento desatado
que llega por el Norte.

Yo quisiera también
como esta ave
solitaria del Báltico
atravesar la vida
en línea recta y ascendente,
afrontando sin miedo
el peligro final
de una caída.
(Heleno Saña)

13 a. (Zeile-für-Zeile-Übersetzung von C. Meijering)

Plötzlich sehe ich...
Plötzlich sehe ich
wie ein großer schwarzer Vogel
beginnt
von einer Felsspitze
einer Klippe aus
seinen majestätischen Flug
in Richtung Himmel,
herausfordernd
mit dem sicheren Rhythmus seiner Flügel
den entfesselten Wind,
der aus dem Norden kommt.

Ich möchte auch
wie dieser einsame Vogel
des Baltikums
das Leben durchqueren
geradeaus und aufsteigend
ohne Angst entgegentretend
der endgültigen Gefahr
eines Sturzes.