CORD MEIJERING COMPOSER

"No man ever steps in the same river twice" (Heraclitus)

CORD MEIJERING
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THE LITTLE MERMAID
opera in 5 acts after a fairy tale by Hans Christian Andersen

libretto by
Barbara Zeizinger, Anita D’Souza

dramatis personae
Merle, the little mermaid - soprano
Kyrre, 1st sister - soprano
Beerit, 2nd sister - soprano
Siri, 3rd sister - soprano
Kanda, grandmother - soprano
Glenne, princess - soprano
Dale, king of the sea - baritone
Terje, a sea dweller - tenor
Roar, sorcerer of the sea - tenor
Kjartan, prince - baritone
Halgrim, chief of the polyps - baritone
1. Matrose (1st sailor) - soprano
2. Matrose (2nd sailor) - baritone
König (King) - soprano (child)
Königin (Queen) - soprano (child)
Kinder am Strand (children on the beach) and Töchter der Luft (daughters of the air) - children’s choir
2 Priester (2 priests) - sopranos (children)

chamber orchestra
flute, clarinet, alto saxophone, bassoon, 2 guitars, harp, accordion, piano, 2 percussionists, 2 violins, viola, violoncello, double bass

composed in
1997/98

by Cord Meijering and his students in the YOUNG COMPOSER’S CLASS at the AKADEMIE FÜR TONKUNST in Darmstadt: Malte Braunroth, Felix Breidenbach, Anita D'Souza, Alisa Imas, Eva Maierski, Gabriele Schneider, Otari Worms, Philipp Zedler

duration
approx. 2 hours

dedicated to
no dedication

first performance
June 20, 1998
AKADEMIE FÜR TONKUNST Darmstadt, Germany

Merle, die kleine Meerfrau: Konstanze Schlaud
Kyrre, 1. Schwester: Nora Weinand
Beerit, 2. Schwester: Larissa Dzialas
Siri, 3. Schwester: Beate Leisner
Kanda, Großmutter: Gabriele Weber
Glenne, Prinzessin: Carola Schlüter
Dale, Meerkönig: Joachim Neumeister
Terje, ein Meeresbewohner: Martin Bous
Roar, Meerzauberer: Holger Schumacher
Kjartan, Prinz: Martin Ludwig
Hallgrimm, Oberpolyp: Jannis Dervenis
1. Matrose: Gabriele Weber
2. Matrose: Jannis Dervenis
Herold: Jannis Dervenis
König: Jasmin Frey
Königin: Carolin Löffler
Kinder am Strand und Töchter der Luft: Kinderchor (Jasmin Frey, Helena Hamsch, Nina Jensen, Carola Kärcher, Karin Kärcher, Charlotte Kerger, Alice Krozer, Carolin Löffler, Anna Ritschel, Julia Schönegge, Mira Schönegge 2 Priester: Katrin Hartmann, Cornelia Ordegel

chamber orchestra:

flute: Betty Nieswand
clarinet: Carsten Vinson
alto saxophone: Katrin Bättig, Jeanette Fries
bassoon: Angela Lemke
guitars: Rolf Kunze, Katharina Pawlik
harp: Chi-Yueh Chiu
accordion: Daniela Hofmann
percussion: Robin Schmauszer, Jens Willi
1st violin: Moon-Sook Son
2nd violin: Anrzej Rosocha
viola: Hildegard Kuen
violoncello: Peter Weisz
double bass: Johannes Knirsch

conductor, Cord Meijering
rehearsal conductor of the children’s choir, Regina Kaufmann

stage director, Hans Jörg Meißlein

stage design and costumes, Ulrike Roth together with children: Sabrina Erb, Lilly Fehr, Melanie Fehr, Elena Gerlach, Julia Jorns, Katharina Jöst, Hannah Kling, Frank Mehne, Ulrike Roth, Larissa Saul, Laura-Ann Seif, Martina Schäfer, Kim Wallau, Eva Weidner, Theo Weidner

correpetition: Elisabeth Abdo, Franz-Johannes Caeners, Raphaele Mencke, Britta Seesemann, Lan-Ing Yeong, Philipp Zedler
assistent directors/assistent stage designers: Katrin Hartmann, Julia Jorns, Cornelia Ordegel, Corinna Volkmann

disposition: Gabriele Schneider

stage manager: Michael Gade, Sabine Steinhoff

directors of lighting: Dieter Göckel, Manfred Dillmann
assistents of lighting: Elisabeth Abdo, Jens Hubert

costumes: Hila Bechtold together with children: Gabriele Maierski, Catharina Krozer, Ulrike Roth, Raphaele Mencke

setup of the stage setting: Regine Bönsch, Sabrina Erb, Lilly Fehr, Melanie Fehr, Elena Gerlach, Julia Jorns, Katharina Jöst, Regina Kaufmann, Hannah Kling, Frank Mehne, Cord Meijering, Ulf Nordin, Ulrike Roth, Larissa Saul, Laura-Ann Seif, Martina Schäfer, Sabine Smolka, Kim Wallau, Eva Weidner, Theo Weidner, lten, Barbara Zeizinger

technical setup: Regine Bönsch, Regina Kaufmann, Stefanie Lenkewitz, Cord Meijering, Ulrike Roth, Gabriele Schneider

change of scene and setup: Susanne Lauer, Rüdiger Orthmann, Patrick Stinka, Marco Lopez, Margit Helm, Erdogan Turanli, Yeo-Kyung Youn

publisher
EDITION MEIJERING

program notes (german)
Inhalt
I. Akt Terje, ein Meeresbewohner, führt uns in das Reich der Meermenschen und in den Palast ihres Herrschers. Er schwärmt für die jüngste der Königstöchter, Merle. Die Meerprinzessinnen spielen übermütig in ihren Gärten, nur Merle hat anderes im Sinn. Sie empfindet eine große Sehnsucht nach der Menschenwelt. Dale, der König, fühlt sich von seinen zahlreichen Aufgaben überlastet. Doch seine Mutter ermahnt ihn, nicht zu sehr zu klagen.

Merles Geburtstag wird gefeiert. Sie ist 15 Jahre alt geworden. Jetzt darf sie endlich nach oben zu den Menschen schwimmen. Da sie die Jüngste ist, ist sie die Einzige, die die Menschenwelt noch nicht gesehen hat. Alle erzählen von ihren Ausflügen dorthin, und sie will diese Welt endlich auch kennenlernen. Ihr Vater hat zwar Bedenken, aber sie lässt sich nicht abhalten.

II. Akt Prinz Kjartan ist in einem Schiff auf See. Er ist der erste Menschenmann, den Merle zu Gesicht bekommt, und sie verliebt sich in ihn. Er hat seiner Mannschaft gerade Schnaps spendiert, als sich ein großer Sturm ankündigt. Das Schiff hält den Naturgewalten nicht stand, und zerbricht.

Im letzten Moment konnte Merle den Prinzen aus den Fluten retten, und ihn zu einer Sandbank bringen. Bewusstlos liegt er da, und sie genießt seine Nähe. Doch plötzlich werden sie gestört. Eine Gruppe Kinder mit einer fremden Prinzessin kommen an den Strand und finden Kjartan. Sie wecken ihn auf. Er ist von der fremden Prinzessin sofort fasziniert. Doch diese läuft weg. Kjartan glaubt, dass sie seine Retterin ist.

Merle ist enttäuscht nach Hause zurückgekehrt. Die Schwestern trösten sie, und sie verraten ihr, wo sie den Prinzen wiederfinden kann. Der Vater versucht das zu verbieten, aber Merles Wunsch ist stärker. Sie erfährt von ihrer Großmutter, dass Menschen eine unsterbliche Seele haben, anders als sie. Wenn ein Mensch sie lieben würde, und ihr ewig treu wäre, würde sie diese erhalten. Merle ist entschlossen. Sie will zu Roar, dem Meerzauberer gehen, um sich in einen Menschen verwandeln zu lassen.

III. Akt Merle betritt die gefährliche Gegend, in der der Meerzauberer haust. Sie wird von Polypen bedroht, lässt sich aber nicht abschrecken. Den Zauberer bittet sie um Hilfe. Der verspricht ihr Menschengestalt und Beine, aber er verlangt dafür ihre Zunge als Opfer. Sie willigt ein und bekommt den Zaubertrank.

IV. Akt Merle erwacht vor dem Palast des Prinzen. Sie freut sich über ihre Beine und ihre neue Gestalt. Aber sie kann nicht mehr sprechen. Kjartan findet sie so, und er ist beeindruckt von ihrem Gang. Der ist ungewöhnlich, da das Gehen für sie ungewohnt und schmerzhaft ist. Kjartan holt sie zu seiner Gesellschaftin seinen Palast.

Terje ist verzweifelt, dass Merle ihre Sprache verloren hat, und sie ihr Leben mit dem Prinzen verbringt. Auch ihre Lieblingsschwester taucht noch einmal auf, um ihr zu sagen, wie sehr ihre Familie um sie trauert. Kjartan jedoch lässt die Erinnerung an die fremde Prinzessin keine Ruhe. Er will sie finden, da er immer noch glaubt, dass sie ihn aus den Fluten gerettet hat.

Kjartan hat die fremde Prinzessin gefunden. Er hält um ihre Hand an und heiratet sie. Merles Schicksal ist damit besiegelt. Da sie ihn nicht an sich binden kann, wird sie keine unsterbliche Seele erhalten, und sterben müssen.

V. Akt Merle begleitet das Brautpaar bei der Hochzeitsreise auf einem Schiff. Merles Schwestern tauchen aus dem Meer auf, um sie dorthin zurückzuholen. Mit einem Messer, das ihnen der Meerzauberer gab, müsse sie den Prinzen töten und ihre Füße in seinem Blut baden. Dadurch könne sie wieder zur Meerfrau werden. Doch Merle erinnert sich ihrer Liebe und wirft das Messer ins Meer. Töchter der Luft erscheinen und holen sie in ihr Reich.


Cord Meijering: Die Entstehungsgeschichte
Seit dem Herbst 1989 haben Kinder und Jugendliche die Möglichkeit, an der Akademie für Tonkunst Kompositionsunterricht zu erhalten. Seit dieser Zeit entstanden zahlreiche Werke für Kammerensembles, die Oper “Spiegel das Kätzchen” (1990) sowie die neueste Opernproduktion “Die kleine Meerfrau”.

Die Idee, nach all den Jahren wieder eine Oper zu komponieren, ergab sich während eines Gesprächs, das ich mit Studierenden der Gesangsabteilung im Juli letzten Jahres über “Spiegel das Kätzchen” führte.

Bevor ich mich auf die Suche nach einem geeigneten Stoff machte, war das Wichtigste zu klären: Werden Ulrike Roth und Barbara Zeizinger wie damals bei “Spiegel das Kätzchen” das Bühnenbild und das Libretto betreuen? Ihre Zustimmung war für mich aufgrund der damaligen guten Zusammenarbeit die unbedingte Voraussetzung dafür, ein solches Projekt zu wagen. Glücklicherweise sagte Ulrike Roth spontan zu – allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine interessante Geschichte gefunden würde.

Zunächst musste geklärt werden, wie viele Sängerinnen und Sänger an diesem Projekt teilnehmen können. Für diese mögliche Besetzung galt es dann passende Handlung zu finden, die als Vorlage für ein Libretto geeignet ist. Ich wälzte viele Märchenbücher und hatte die Hoffnung schon beinahe aufgegeben, als ich in Andersens Schrägem Märchenbuch die Geschichte von der kleinen Meerfrau fand. Sie hat alle gewünschten Eigenschaften: Die Geschichte ist aufregend, sie ist auch in gesungener Form klar und verständlich und die Zahl und Art der in ihr agierenden Charaktere entspricht den Besetzungsmöglichkeiten an der Akademie.

Bei unserer ersten Oper hatte die Deutschlehrerin Barbara Zeizinger gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern des Schuldorfs Bergstraße das Libretto verfasst. Ich versuchte, sie wieder für die Entwicklung des Librettos zu gewinnen. “Diesmal kann ich dir wirklich nicht helfen. Ich habe überhaupt keine Zeit”, war ihre Antwort. Die Idee schien geplatzt. Ich bat daraufhin Barbara Zeizinger, doch wenigstens die Geschichte zu lesen und mir ihre Meinung darüber zu sagen. Die “kleine Meerfrau” erledigte glücklicherweise den Rest: Barbara Zeizinger begeisterte sich dafür und sagte ihre Mitarbeit zu. Sie tat sich mit Anita D'Souza zusammen, die Schülerin in meinem Kompositionskurs ist und neben ihrer kompositorischen Tätigkeit auch Geschichten schreibt. Diese sind zum Teil so dramatisch, dass der Versuch, einmal etwas für die Bühne zu schreiben, auf der Hand lag.

Am Ende der letzten Sommerferien war das Libretto fertig. Es war viel umfangreicher als das von “Spiegel das Kätzchen” und wir ahnten bereits, dass diesmal alles viel arbeitsintensiver und teurer werden würde. Das Problem, Finanzmittel für derartige Großprojekte zu erhalten, erledigte sich in unserem Fall beinahe wie von selbst. Ein Vater einer Kompositionsschülerin bot sich an, uns zu unterstützten. Bereits Ende des letzten Jahres stand somit die Berliner Firma Visolux als Hauptsponsor fest.

Was noch fehlte, war ein Regisseur, der Lust hatte, an so einem Projekt mitzuwirken und bereit war, Jugendliche als Regieassistenten an der Probenarbeit zu beteiligen. Der Frankfurter Regisseur Hans Jörg Meißlein sagte die Zusammenarbeit zu. Alle gemeinsam redigierten wir dann noch einmal das Libretto. In Absprache mit den Gesangsdozentinnen und -dozenten der Akademie wurde dann die endgültige Besetzung festgelegt.

Bevor wir jedoch mit dem Komponieren beginnen konnten, war es nötig, dass alle an der Kompositionsarbeit beteiligten Schülerinnen und Schüler lernten, was man alles beachten muss, wenn man für Singstimmen schreibt. Aus diesem Grunde informierte die Gesangsdozentin Elisabeth Schmock die jungen Komponisten ausführlich über die unterschiedlichsten Möglichkeiten und Arten des Singens. An dieser Veranstaltung nahmen auch die Studierenden, die die Hauptpartien übernehmen wollten, teil. Das gegenseitige Kennenlernen sollte eine bessere Zusammenarbeit zwischen Komponierenden und Interpretierenden bewirken.

Entsprechende Vorstellungen im Bereich instrumentaler Spieltechniken wurden von Studierenden gemacht, die immer wieder in den Kompositionsunterricht kamen und den jungen Komponisten die Möglichkeiten ihrer Instrumente erläuterten. In den nun folgenden Wochen wurde die Orchesterbesetzung festgelegt, die zu komponierenden Abschnitte der Oper auf die verschiedenen Komponistinnen und Komponisten verteilt, Probenpläne entworfen und die nötigen Raumbelegungen für die Proben organisiert.

Die kompositorische Arbeit begann Ende September. Während der Herbstferien entwarf Ulrike Roth gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen in der Bessunger Knabenschule das Bühnenbild und die Kostüme. Am Ende der Ferien waren die Modelle der einzelnen Bilder fertiggestellt. Ulrike Roth und ich stellten daraufhin dem Intendanten des Darmstädter Staatstheaters Herrn Umberg in einem Gespräch unser Projekt vor. Er sagte uns eine umfassende logistische Unterstützung zu, was uns die weitere Arbeit erleichterte.

Mitte März diesen Jahres war die 400-seitige Partitur für 11 Solistinnen und Solisten, Kinderchor und ein Kammerorchester bestehend aus 16 Instrumenten komponiert und der Klavierauszug und das Orchestermaterial hergestellt. Gabriele Schneider, die einzige Studentin in meinem Kompositionskurs, übernahm die Funktion einer Produktionsdisponentin, die den Großteil der organisatorischen Abläufe plant.

Ende März begann Hans Jörg Meißlein mit den szenischen Proben. In den Osterferien baute Ulrike Roth in der Turnhalle der Bessunger Knabenschule gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen das Bühnenbild. Während dieser Zeit fanden auch die ersten Orchesterproben statt. Die Probenarbeit ist in unterschiedliche Phasen eingeteilt: zunächst erfolgt die Einzelkorrepetition der Solisten, dann szenische Proben und Orchesterproben getrennt. Ab Ende Mai wurde dann allmählich alles zusammengesetzt in den sogenannten Bühnen-Orchesterproben. Und, welch ein Wunder, alle Puzzleteile passten zusammen.

Möglich ist ein solches Projekt in einem Ausbildungsinstitut nur, wenn so günstige Bedingungen dafür herrschen wie an der Akademie für Tonkunst: Im Gegensatz zu den meisten Hochschulen enthält die Akademie zwei Abteilungen, eine berufsausbildende mit 110 Studierenden sowie eine Abteilung für Laienausbildung mit weit über 1000 Musikschülerinnen und Musikschülern. Jede Abteilung profitiert von der Existenz der anderen: den Kindern der Musikschule eröffnet sich durch die vielen Konzerte der Studierenden eine weite Perspektive, die Studierenden hingegen erleben ihr späteres Tätigkeitsfeld größtenteils schon während der Studienzeit. In den meisten Hochschulen gibt es keine Laienausbildung. Die Oper “Die kleine Meerfrau” ist ein Beispiel dafür, was aus einer Kooperation zwischen diesen beiden Abteilungen sowie auch aus der Kooperation mit anderen Institutionen wie z.B. dem Staatstheater entstehen kann. Sie ist modellhaft gedacht als eine neue Form der Ausbildung im Bereich der musikalischen und darstellenden Kunst: Ausbildung in Kunst durch gemeinsames Schaffen eines Kunstwerks, wobei die pädagogischen Kriterien aufs engste mit den künstlerischen verbunden sind.


Barbara Zeizinger: Wie ein Libretto entsteht
Zu Beginn der Überlegungen stand die Suche nach dem entsprechenden Text, nach dem eigentlichen Thema. Da die Zeit knapp war, sollte es keine selbsterfundene Geschichte sein, also konzentrierten wir uns auf Märchen und Novellen. Ich hatte "Kleider machen Leute" von Gottfried Keller vorgeschlagen, vielleicht auch deshalb, weil unser letztes gemeinsames Opernprojekt ebenfalls auf einer Novelle von Gottfried Keller basierte. Nach der Lektüre der Kleinen Meerfrau" stand für mich aber sofort fest: Dieses Märchen nehmen wir. Warum? Inwiefern kann ein Märchen interessant sein als Vorlage für eine Oper, die zum größten Teil von Jugendlichen gestaltet werden sollte?

Ein Märchen ist eine "kurze Prosaerzählung aus freier Erfindung, ohne zeitlich-räumliche Festlegung in der Wirklichkeit", es erzählt "von phantastisch-wunderbaren Begebenheiten, die sich in Wahrheit nicht ereignet haben", so lautet die Definition in einem Literaturlexikon.

Natürlich gilt dies auch für die Geschichte der kleinen Meerfrau, die tapfer allen Widrigkeiten zum Trotz ihr Leben in die Hand nimmt und sich wegen ihrer Sehnsucht und ihrer Liebe in größte Gefahren begibt. Am Ende wird sie zwar belohnt, aber das märchenhafte "Ende gut alles gut"geht für sie nicht ganz in Erfüllung. Weder wird ihre große Liebe zum Prinzen erwidert, noch lässt sich ihr Wunsch als Mensch leben zu können langfristig realisieren. Die kleine Meerfrau ist also keine ganz ungebrochene Märchenfigur. Sie lebt in zwei Welten, sie hat widersprüchliche Gefühle und sie erlebt alle Höhen und Tiefen ihrer Zerrissenheit. Und so nähert sich die "wunderbare Begebenheit" doch ein wenig unserer erfahrbaren Wirklichkeit und damit auch der Wirklichkeit vieler Jugendlicher.

Thema und Text waren also gefunden, die Umsetzung in ein Libretto konnte beginnen. Der Anfang dieses Prozesses war eher handwerklicher Natur. Aus einem epischen Text musste ein dramatischer gestaltet werden, unter Berücksichtigung aller Regeln, die dabei zu beachten sind. Das größte Problem dabei ist die Reduzierung, also sich auf das Wesentliche zu beschränken, denn Gesang und Musik benötigen viel mehr Zeit einen Sachverhalt darzustellen als ein Erzähler. Das zweite Problem ist die Umsetzung der Handlung, aber auch der Gefühle und nicht zuletzt der Landschaft in lyrische Texte. So wird uns in Andersens Märchen beispielsweise in einem Absatz erzählt, dass jede der kleinen Meerprinzessinen ihren eigenen Garten habe, in dem jede pflanzen könne, was sie wolle. In einem Libretto muss das sozusagen visualisiert werden, indem jede Schwester ihren Garten vorstellt.


Ulrike Roth: Ein Bühnenbild ist kein Bild
Es ist Sommer, die Sonne scheint in mein Atelier und ich freue mich, endlich wieder mehr Zeit für die Malerei zu haben, als Cord Meijering anruft und ein neues Opernprojekt mit Kindern und Jugendlichen vorschlägt. Die Gedanken an eine große Oper, andererseits nur eine kleine Konzertbühne, keine Theaterwerkstätten und beschränkte finanzielle Mittel schrecken mich ab. Ich bitte um Bedenkzeit und gleichzeitig um ein “kleines Stück”. Habe ich mich schon entschlossen? Mit der Zeit wächst und wächst das Stück und meine Neugier auf eine Neuauflage der Zusammenarbeit mit Cord Meijering, Barbara Zeizinger, Regina Kaufmann und all den anderen.

Die Oper hat nun 5 Akte mit insgesamt 7 Bühnenbildern. Im Herbst 97 sitzen also 14 Kinder und Jugendliche zusammen, das Libretto ist gelesen und wartet auf eine Bühne - zuerst in Modellgröße. Welche Stimmungen hat jede einzelne Szene? Ist das da unheimlich, oder einfach “nur” wunderschön, leer und öde oder prachtvoll? Soll man den Klischeevorstellungen nachgeben oder versuchen etwas Ungewohntes zu entwickeln, das nicht der landläufigen Meinung entspricht.

Und vor allem: ein Bühnenbild ist kein Bild! Es müssen Personen darin agieren können. Da gibt es einigen Ärger. Da hat man schon so ein schönes Bild gemalt und in mühevolller Arbeit einzelne Teile als Modell gebaut, und dann wird alles wieder ausradiert. Alles sicherlich nicht - aber “bespielbar” muss es sein. Ein Bühnenbild ist eben kein Bild, auch wenn es anfangs so ausschaut. Materialien und Technik, die an großen Theaterhäusern oder Filmproduktionen zur Verfügung stehen, können wir uns nicht leisten. Also müssen Formen und Gestaltungsmittel eingesetzt werden, die für alle fassbar und realisierbar sind.
Die Balance zwischen kreativer Ausgelassenheit und genauer Arbeit und Handwerk ist schwer genug für Erwachsene. Nach einigen Auseinandersetzungen entstand eine gute Mischung aus Chaos und Ordnung, Leere und Fülle.

Ostern 98 wird gebaut. “Muss das genauso werden wie im Modell?” Wir probieren es. Ein 20 cm großes Schloß entfaltet sich plötzlich auf 4 Meter.

Einige Bemerkungen aus dem “Malersaal” lassen mich schmunzeln. “Müssen wir Fische malen, die es wirklich gibt?”, fragt eine 10 jährige, die vor einem Stück Pappe sitzt. Eine eigene Welt soll entstehen.

Mit der professionellen Hilfe von Hila Bechtold entstehen wunderschöne Kostüme, die dann noch bemalt werden.

Arbeit mit Kindern ist unter Kollegen meist nicht sehr geschätzt. Das liegt u.a. daran, dass alles von Kindern erst mal als nett angesehen wird. Die Arbeit von Kindern und Jugendlichen ernst nehmen, heißt aber auch, nicht alles so hinnehmen, sondern Arbeiten kritisieren, Qualitäten herausfiltern und damit weiterarbeiten. Manchmal ist es eben mühsam, die Kraft, die in den Entwürfen steckt, rüberzuretten.

Deshalb sind die Wellen eben nicht nur blau, sondern auch weiß, braun und schwarz. Und vielleicht zeigt ein Blick auf’s Detail: an manchen Stellen ist ein Bühnenbild eben doch ein Bild.


Malte Braunroth (19), Philipp Zedler (18): Der eine ging spazieren, die andere hockte sich vors Klavier
Als Cord Meijering uns von seiner Idee der Komposition einer Oper erzählte, waren wir total begeistert. Es sollte eine völlig neue Erfahrung für uns werden, weil wir vorher nur Stücke von drei bis zehn Minuten komponiert hatten und diese Oper anderthalb Stunden dauert. Wir wussten, dass es viel Arbeit werden würde, aber das störte uns zunächst nicht, schließlich machte uns das Komponieren Spaß.

Im Sommer letzten Jahres startete das Projekt. Am Anfang hatte nur Anita D’Souza viel zu tun.

Sie schrieb zusammen mit Barbara Zeizinger, einer Deutschlehrerin, in der Rekordzeit von weniger als 6 Wochen das Libretto für „Die kleine Meerjungfrau“.v
Nach den Sommerferien, als das Libretto fertig war, wurde zuerst die instrumentale Besetzung festgelegt und allen SängerInnen wurde ein Instrument zugeordnet (der Figur der Merle ist z.B. die Harfe zugeteilt). Der Fantasie waren zunächst keine Grenzen gesetzt, jeder machte Vorschläge, wie die Instrumente verwendet werden könnten.

Cord Meijering sprach nach einiger Zeit ein Machtwort und verteilte später dann die Kompositionsarbeit. Damit die Oper eine gewisse Linie bekam, übernahm jeder von uns, soweit das möglich war, die Gestaltung von Passagen, in denen dieselben Figuren auftreten.

Bevor wir uns jedoch in die Kompositionsarbeit stürzten, informierten wir uns über die Gesangs-Stimmen und Instrumente - welche Möglichkeiten und Eigenarten sie besitzen. Sehr interessant war das Kennenlernen der Percussioninstrumente und des Akkordeons.

Die Art und Weise wie komponiert wird ist natürlich bei allen Komponisten sehr unterschiedlich, aber ein gewisses Grundkonzept ist vor allem für uns Beginnende notwendig. Als erstes notierten wir den Sprechrhythmus, der das Grundgerüst für die weitere Arbeit war. Dabei war es wichtig, das der Sprechrhythmus möglichst natürlich erschien, was das Auswendiglernen der Texte erleichterte und die Textverständlichkeit erhöhte. Das erreicht man z.B. dadurch, dass man durchs Zimmer tigert und sich den Text vorsagt.

Beim Suchen nach einer Melodie orientierten wir uns also an der Sprachmelodie. Zuerst haben wir oft sehr schwierige Melodien geschrieben (man vergisst oft, dass der Gesang nicht einem Instrument gleichkommt), bis die Sänger sich beschwerten und wir dann einfachere, halbwegs tonale Melodien schrieben. Cord Meijering hat uns dabei geholfen und das meiste von dem, was wir komponiert haben, durchgesehen, was nicht heißen soll, dass wir keine Freiräume bei der Gestaltung hatten.

Wenn die Gesangsmelodie fertig war, komponierten wir die Begleitung. Hierbei mussten wir uns an der Dramaturgie der Oper orientieren und die Zuordnung der Instrumente berücksichtigen. Die Auswahl der Instrumente war nicht immer einfach und wenn man eine Besetzung gefunden hatte, war man schon ein gutes Stück weitergekommen. Am Anfang tendierten wir dazu, viel zu viele Instrumente zu nehmen, vielleicht weil wir von der Vielfalt der Möglichkeiten berauscht waren und erst später feststellten, wie viel Arbeit ein jedes Instrument macht. So wurden die Besetzungen schnell kleiner.

Jeder von uns bekam seine Einfälle auf unterschiedliche Weise. Der eine ging spazieren, die andere hockte sich vors Klavier oder die Gitarre und improvisierte so lange, bis irgend etwas Brauchbares entstand, was für eine Melodie verwenden werden konnte. Auf jeden Fall ist Ruhe sehr wichtig, damit man sich die Klänge besser vorstellen kann.

Bis zum Winter ließen wir uns damit viel Zeit und kurz vor den Weihnachtsferien war höchstens die Hälfte geschafft und nur anderthalb Monate blieben uns noch für die restliche Kompositionsarbeit. Der Druck wuchs mit der Zeit und wir arbeiteten unter immer größerer Belastung. Teilweise saß man bis 2 oder 3 Uhr Nachts am Schreibtisch und wenige Stunden später wieder in der Schule. Tagsüber komponierten wir solange es möglich war und abends arbeiteten wir an den Reinschriften. Zuerst wurden die Klavierauszüge ins Reine geschrieben und dann die Partitur, weil die Sänger so schnell wie möglich mit dem Üben anfangen sollten, da das Auswendiglernen viel Zeit in Anspruch nimmt.

Das Schreiben von Reinschriften ist eine entsetzlich stupide Geduldsarbeit und sie nimmt fast mehr Zeit in Anspruch als das Komponieren. Diese Arbeit muss aber trotzdem sehr gründlich gemacht werden, weil sonst die KünstlerInnen nicht richtig damit arbeiten können. Leider kamen häufiger Fehler vor, was sehr ärgerlich war, weil es zusätzliche Arbeit bedeutete und zudem die KünstlerInnen nervte.

Zwei der Komponisten waren sehr mutig und schrieben die Partitur auf Computer. Einerseits sparten sie Zeit und Stimmauszüge lassen sich auf diese Weise sehr leicht erstellen, andererseits hatten sie auch sehr viel Ärger mit dem Programm, weil es teilweise genau das Gegenteil von dem machte, was man wollte. Ganz zu schweigen davon, dass das Programm nicht richtig Takte zählen konnte. Die Taktnummerierung ist aber sehr wichtig, weil es sonst bei den Proben sehr chaotisch wird.

Dieses Missgeschick kam aber unglücklicherweise mehrmals vor, sehr zum Leidwesen des Dirigenten und der Mitgliedern des Orchesters. Das Schreiben der Stimmauszüge war eine enorm stressige Arbeit, sie mußte in anderthalb Wochen gemacht werden. Das bedeutete für die vier Betroffenen (Cord, Gabriele, Philipp und Malte): Schaffen, schaffen, schaffen... . Vor allen Dingen das Transponieren der Holzblasinstrumente ist nicht einfach und erfordert viel Zeit, sehr zum Leidwesen von Gabriele, die die meisten Stimmauszüge für die Holzbläser schreiben musste.

Gar nicht zu reden von der Kopierarbeit. Mehr als hundert Stunden und Tausende von Mark waren nötig, um fast 400 Seiten Partitur und die dazu gehörenden Stimmauszüge zu kopieren.

Während der ganzen Zeit trafen wir uns regelmäßig bei Cord Meijering zu Hause, um die noch anstehende Arbeit zu verteilen. Gabriele Schneider half ihm dabei. Sie trieb uns immer wieder zur Eile. Das war bitter nötig, wenn auch unpopulär. Insgesamt brauchten wir etwa ein halbes Jahr für die Kompositionsarbeit, was ein enorme Leistung ist. Sicherlich provozierte dieser Zeitdruck auch viel Frust, aber wir haben gerne komponiert und viel dabei gelernt.

Wann bekommt man schon mal die Gelegenheit mit professionellen Künstlern und Studenten der Akademie für Tonkunst bei so einem Projekt mitzuwirken?


Konstanze Schlaud: Die Meerfrau ist ein Teil von mir geworden
Im Spätsommer letzten Jahres erfuhr ich zum erstenmal von der Planung der Kinderoper "Die kleine Meerfrau" nach einem Märchen von Hans Christian Andersen. Diese Oper sollte von jungen KomponistInnen aus der Kompositionsklasse von Cord Meijering geschrieben und dann im Sommer 1998 von uns Gesangsstudenten der Fachschule aufgeführt werden. Die ganze Sache klang natürlich ziemlich spannend, aber irgendwie auch utopisch, schließlich war bislang noch kein einziger Ton dieser Oper komponiert, kein Libretto konzipiert etc.

Als man mir kurz darauf die Rolle der kleinen Meerfrau, genannt "Merle" zuteilte, und ich schon einige Wochen später meine erste Arie in den Händen hielt, wurde mir langsam klar, dass sich dieses Projekt nun tatsächlich zu verwirklichen schien. Mit der Zeit folgten weitere Arien und es war eine lange und harte Arbeit, bis ich die vielen neuen Kompositionen studiert und soweit auswendig gelernt hatte, um Mitte März mit den szenischen Proben beginnen zu können.

Ich begann mich nach und nach mit dem Charakter der kleinen "Merle", mit ihren Sehnsüchten und Träumen, ihrem Streben nach der Erde und ihrem traurigen Schicksal zu beschäftigen. Ich verkörpere sehr gerne diese Figur, sie ist ein Teil von mir geworden, und ich glaube, dass wir bei diesem Projekt viele neue Erfahrungen machen konnten, und diese Oper sicherlich eine große Bereicherung für unsere Ausbildung darstellt. Dies haben wir natürlich besonders Cord Meijering, durch dessen Idee und Initiative dieses Projekt überhaupt entstehen konnte, aber auch unserer Bühnenbildnerin Ulrike Roth und unserem Regisseur Hans Jörg Meißlein, die der ganzen Oper schließlich Leben einhauchten, zu verdanken. Ich bin der Meinung, dass die modernen und unverbrauchten Werke junger, begabter Komponisten zusammen mit dem romantischen Märchenstoff eine gelungene und einmalige Symbiose ergeben, und freue mich, dieses originelle Werk uraufführen zu dürfen.


Gabriele Weber: Ein halbes Jahr war alles anders
Die Opernschule der Akademie für Tonkunst ist normalerweise eine sehr kleine Abteilung. Ihre Arbeit zeigte sie in den letzen Jahren ausschließlich bei Abschlussprüfungen ihrer AbsolventInnen. Kein Wunder, bei 5 Unterrichtsstunden pro Woche und weniger als 20 Hauptfachstudenten. Unser Fundus besteht fast ausschließlich aus selbstgebauten und selbstgebastelten Requisiten, es gibt keinen eigenen Opernschuletat.

Aber für ein halbes Jahr lang war das nun alles ganz anders. Es wurde fast jeden Tag szenisch gearbeitet, am schwarzen Brett hingen Probenpläne und es gab wirklichen Ärger, wenn man nicht erschien. Die Nebenräume der Bühne stehen voll mit Requisiten und seit Ostern probten wir in Kostümen. Die Bühnenwände wurden abgehängt und es kam auf einmal dieser schrecklich stinkende neue Bühnenboden. Wir haben ein Betriebsbüro (Grüße an Gabriele Schneider!). Vieles war auf einmal wie im richtigen Opernleben. Wir Sänger mussten aufpassen, das wir uns nicht übernehmen und es war kein Kavaliersdelikt, wegen Krankheit Proben abzusagen und am nächsten Tag beim Soloauftritt erkannt zu werden. Für die eine war es unmöglich zu akzeptieren, das sie nur eine Nebenrolle hatte. Ein anderer stellte erst bei der Probenarbeit fest, das er ja eine Hauptrolle spielt! Auch soll es vorgekommen sein, das der Akkordeonistin für´s Spiel ihrer Noten 5 Finger zu wenig gewachsen waren.

Die Prioritäten des Studiums hatten sich verdreht, besonders für die Pädagogikstudenten. Zwar war der Terminplan wie immer voll mit Theoriekursen, aber das hatte nicht viel zu sagen. Im Zweifelsfall gingen Termine mit der Kinderoper vor. Denn nichts war wichtiger als das Projekt mit der kleinen Meerfrau. An dieser Stelle toi-toi-toi für unsere kleine Meerfrau Konstanze Schlaud, die in den letzten Wochen jeden Tag stundenlang vor Sehnsucht nach oben wunderschön gelitten hat!

Es ist jede Menge (Angst-)Schweiß geflossen, aber heute ist es nun soweit. Es hat uns Studenten viel Spaß gemacht, wir haben viel gelernt und freuen uns, dabei sein zu dürfen.

Wir wünschen nun Ihnen, unserem Publikum, einen unterhaltsamen Abend bei der Aufführung der "Kleinen Meerfrau" an der Akademie für Tonkunst Darmstadt.


Sabrina Erb (18), Julia Jorns (15), Martina Schäfer (18): Dinge gestalten
Das Projekt , die Kinderoper “Die kleine Meerfrau” benötigte viele freiwillige Helfer, auch für das Bühnenbild. In den Herbstferien fanden sich dazu 14 Schüler/innen zwischen 7 und 18 Jahren zusammen, die ihre Ideen zu den verschiedenen Szenenbildern ausarbeiteten und perfektionierten. Natürlich konnten die Entwürfe nicht perfekt sein, da wir keine Kenntnisse von den Bühnengegebenheiten und Sicherheitsvorschriften hatten. Unsere Entwürfe mussten immer wieder bearbeitet und verändert werden. Nach einer Besprechung mit dem Regisseur wurden noch einmal unsere maßstabsgetreuen Modellteile überarbeitet.

In den Osterferien haben wir dann unsere veränderten Entwürfe von Modell- auf Original-Größe übertragen. Das Bühnenbild wurde aus verschiedenen Materialien gebaut, wie z.B. Pappe (Schloß) oder große Stoffbahnen (Prospekte). Die Werkstoffe wurden mit verschiedenen Techniken bearbeitet und wir lernten viel über die vielen Möglichkeiten, Dinge zu gestalten.

Trotz der gemischten Gruppe und der anfänglichen Problemen hatten wir viel Spaß. Für die gute Zusammenarbeit wollen wir uns bei der ganzen Gruppe und Ulrike Roth ganz herzlich bedanken


Eva Weidner (12), Theo Weidner (10), Frank Mehne (9): Modelle in "Lebensgröße"
Herbstferien 97: Ganz am Anfang hat sich jeder einen Teil der Bühnenbildkulissen ausgesucht. Manche waren in Gruppen, andere haben alleine gearbeitet. Wir haben Entwürfe von der jeweiligen Kulisse gemacht und besprochen. Dann haben wir von den Entwürfen kleine Modelle gebaut und sie in einer Modellbühne ausprobiert. Nach unserer ersten Arbeitswoche kam der Regisseur und hat manche Sachen korrigiert und verändert, damit die Aufführung für alle Beteiligten gut über die Bühne gehen kann.

Osterferien 98: Jetzt wird gebaut! Wir sind in die Turnhalle umgezogen. Nun bauen wir die kleinen Modelle in “Lebensgröße”! Fast dreieinhalb Meter sind die größten Teile hoch! Erst haben wir die Umrisse auf große Pappen aufgezeichnet und mit einem scharfen Messer ausgeschnitten. Wir mussten die meisten Teile aus mehreren Teilen zusammensetzen. Als wir die einzelnen Teile dann zusammengetackert und mit Latten verstärkt hatten, wurden sie angemalt. Mit großen Pinseln und Malerrollen ging das ganz gut. Manche Farben mussten wir noch mischen. Als sie dann getrocknet waren, haben wir sie aufgestellt; noch ein paar kleine Verbesserungen und fertig!


Elena Gerlach-Garcia (14), Hannah Kling (14): Störrisches Prinzenschloss
Ein bisschen Pappe schneiden, anmalen und zusammenkleben, das kann doch eigentlich nicht so schwer sein. So dachten wir, bevor wir unsere in den Herbstferien gebastelten Modelle für die Oper “Die kleine Meerfrau”, in Originalgröße anfertigten. Doch unser Prinzenschloss war manchmal so kompliziert störrisch, dass wir am Nachmittag nach getaner Arbeit total genervt und mit bunten Turnschuhen nach Hause fuhren.

Schon das ausmessen der großen Pappen lieferte uns einiges Kopfzerbrechen. Und der Cutter, eine messerscharfe Klinge zum schneiden von fester Pappe, ritzte nicht immer genau die vorgezeichnete Linie entlang, sondern manchmal auch in einen von unseren Fingern.

Da das Schloß des Prinzen auch prachtvoll und wohlhabend aussehen soll, mussten wir wohl oder übel Gold einsetzen. Und das war unser größtes Problem. Das Bindemittel mit dem das Goldpulver verrührt wird, wurde egal wieviel Gold wir dazuschütteten, immer leicht lila farbig. Doch obwohl wir meistens etwas langsam arbeiteten haben wir am Ende der Osterferien alles zu unserer Zufriedenheit fertigbekommen und auch mit etwas Mühe aber viel Spaß in die Akademie für Tonkunst gefahren und geschleppt.

Obwohl manche Dinge nicht genau so klappten wie wir uns das vorgestellt hatten, waren die knapp zwei Wochen sehr lustig und interessant. Es war eine tolle Erfahrung bei so einem Projekt mitgewirkt zu haben, denn wir haben auch viel gelernt, und jetzt sind wir gespannt wie unser Prinzenschloss auf der Bühne zwischen den Schauspielern wirkt.

Katrin Hartmann: Bericht der Regieassistenz
Unsere damalige Klassenlehrerin Barbara Zeizinger fragte uns, ob nicht einige Lust hätten, als Regieassistenten/innen bei dem Projekt einer Jugendoper in der Darmstädter Akademie für Tonkunst mitzuwirken. Meine 3 Mitschülerinnen und ich beschlossen spontan, uns bei dem Regisseur dieses Projektes Herrn Hans-Jörg Meißlein zu melden, da wir alle sehr theaterbegeistert sind und neugierig waren, wie wohl die Probenarbeit und die Vorbereitung eines solchen Stückes aussehen. Am Anfang waren wir hinsichtlich der Häufigkeit der Proben und der uns obliegenden Arbeiten etwas unsicher, da wir uns darunter nichts konkretes vorstellen konnten, aber bei der ersten Probe war unsere Nervosität schnell verflogen. Unsere Arbeiten, wie z.B. das Führen des Regiebuches, das Zurechtlegen von Requisiten und das Herrichten der verschiedenen Bühnenbilder, machten uns immer mehr Spaß. Wir können jedem nur empfehlen, trotz der anfänglichen Unsicherheit und Nervosität dabeizubleiben und sich von der faszinierenden Atmosphäre einfangen zu lassen. Wir sind nun alle auf die Hauptprobenwoche gespannt und freuen uns sehr darauf, “unsere” Oper auf der Bühne zu sehen, in der meine Freundin und ich zu unserer großen Freude die kleine Rolle des Priesters übernehmen durften.

Carolin Löffler: Dieses "Herz-rutsch-in-die-Hose-Gefühl"
Da ich ja schon bei der letzten Kinderoper mitgewirkt hatte, konnte ich mir so ungefähr vorstellen, wie jetzt alles ablaufen würde. Ich war damals zwar erst acht, aber aus meiner Sicht alt genug um alles zu kapieren.
Der erste Tag: Ich hatte ihn mir schon lange herbeigesehnt, endlich konnte ich an der Rezeption fragen, wo es denn bitte zur Kinderchorprobe gehen würde. Ein bisschen Schiss hatte ich schon, ich kannte ja überhaupt niemanden! Als ich die Tür öffnete, schauten mich zuerst zehn unbekannte und zum Glück auch ein bekanntes Augenpaar an. Das bekannte Paar gehörte zu Regina, die mich begrüßte und mir die Noten in die Hand drückte.

In der ersten Gesangstunde ging eigentlich alles recht locker ab. In den Proben darauf lernte man die Leute besser kennen und ich fand auch bald zwei Freundinnen. Es war schön zu sehen, wie jeder den anderen respektierte und keiner irgendwie ausgeschlossen wurde und teilweise war es auch einfach nur superlustig: Einmal z.B. klimperte Jasmin in der Pause dieses langweilige Lied vor sich hin und auf einmal fingen Charlotte und Helena an zu tanzen; ich schnappte mir eine Blechdose mit Nadeln und fuchtelte damit in der Gegend rum, so dass man einen Rhythmus raushören konnte. Die anderen klopften oder hämmerten im ganzen Raum auf irgendwelchen Sachen, so dass ein richtig schönes Stück entstand. Dann die erste szenische Probe: Wir standen vor dem großen Saal der Akademie und trauten uns nicht rein. Alle waren gespannt, unser erstes Stück beherrschten wir schon einigermaßen gut. Auf dem Schild draußen an der Tür war ein deutliches NICHT STÖREN! Zu lesen. Irgendwann ergriff dann doch jemand die Initiative und drückte die Klinke runter.
Der Anblick, der sich uns bot, war einerseits verwunderlich, andererseits vielleicht auch etwas erschreckend. Auf der Bühne versuchten gerade fünf Leute ein riesiges Segel aus Pappe aufzustellen, zwei weitere fuchtelten die ganze Zeit mit einer Leiter dazwischen. Dann bekamen wir unseren Regisseur zu sehen, so ähnlich hatte ich ihn mir vorgestellt. Alle fanden ihn auf Anhieb nett. Er sagte uns, wir sollten auf die Bühne gehen und vorsingen. Leichter gesagt als getan, wir hatten ja noch nie jemandem anderen als Regina vorgesungen und jetzt kam auch noch das Klavier dazu, das völlig andere Sachen spielte.

Was man aus dieser Probe schließen konnte: Elf Leute auf der Bühne, die völlig verkrampft versuchten, irgendwelche Töne zwischen ihren Stimmbändern rauszuquetschen. Herr Meißlein bekam es aber schnell wieder hin. Er sagte uns, dass sich jeder so fühlen solle, als hätte er die Hauptrolle, trotzdem aber immer noch wie ein großer (kleiner) Chor mit den anderen zusammen singen müsste. Jeder sollte seine innere Ausstrahlung so viel wie möglich zeigen und immer voll mitarbeiten.

Ein paar Proben plätscherten dahin; Aufbauen, Abbauen, Singen, Unterbrechen, Zuhören, Singen, Unterbrechen, noch mal alles von vorne und das dann alles fünfmal in einer Probe. Dann, wenn man schon müde war und es zu verstecken versuchte, weil man ja für die kleineren ein Vorbild sein sollte, fingen gerade diese hinter der Bühne an laut zu schwätzen. Teilweise war das schon ziemlich nervig. Dann lernten wir auch Konstanze, Jannis, Martin und Gabi kennen. Alle waren supernett!!

Regina hatte mir eine Solorolle gegeben, ich sollte eine Königin sein, mal wieder dieses Herz-rutsch-in-die-Hose-Gefühl. Schrecklich, und als ich dann singen sollte, spielte die Pianistin mal eine, mal zwei Pausen, so dass ich immer meinen Einsatz verpasste. Im Nachhinein denke ich, es lag nicht so sehr an der Pianistin, sondern eher an meiner Aufregung.

Die ganze Oper ist ein viel größeres Projekt als die vorige, es ist gigantisch! Zwar hätte ich mir auf der Bühne mehr Möglichkeiten gewünscht, aber Herr Meißlein verstand es gut, aus wenig viel zu machen. Nach einer Weile lernten wir die Sängerinnen und Sänger auch besser kennen und verstanden uns eigentlich mit allen gut.

Dann..., wir hatten einmal Pause, rief uns Regina in den kleinen Saal zum Vorsingen. Wir öffneten die Tür und da standen sechs Leute! Schock! Wir waren aber zum Glück so motiviert, dass wir nicht mal versuchten wegzulaufen, als Cord, der Dirigent, der uns auch oft bei den szenischen Proben unterstützt hatte, sagte, dass jetzt eine Art Kurzorchesterprobe stattfinden würde. Komischerweise klappte es ganz gut und nach ungefähr drei Unterbrechungen, in denen Cord versuchte, dem Cello-Spieler etwas klar zu machen, wurden wir entlassen. Ich glaube, sie fanden es ganz gut.

In den Proben wurde es jetzt immer lustiger, da sich die Leute besser kennengelernt hatten. Alle waren begeistert von Herrn Meißlein. Einmal probierte er uns klarzumachen, wie man besoffen spielt, da wir als Matrosen betrunken sein sollten. Er hüpfte auf der Bühne herum und imitierte einen Besoffenen. Alle hatten immer viel zu lachen und obwohl wir immer Mittwochs und Samstags Probe hatten, wurde es nie langweilig. Ich hätte nicht gedacht, dass es Cord wieder schaffen würde, ein so geniales Werk auf die Beine zu stellen. Was für eine Wahnisnnsarbeit damit verbunden sein muss, alles so zu organisieren und zu managen; wohlgemerkt, alles ohne Bezahlung.

Ich habe hier nur einen ganz kleinen Ausschnitt von dem riesigen Projekt widergegeben, und hoffe, dass es ein genauso großer Erfolg wird, wie die vorige Oper! Eigentlich kann gar nix mehr schiefgehen!